ABO-Identitätssicherung - Bedside-Test mit einem neuen System
H.P. Geisen, E. Baumgärtner
Klinisches Labor und Blutbank der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg
Zusammenfassung

Es wird ein neues System zur Überprüfung der ABO-Identität vor Transfusion (Bedside-Test) vorgestellt. Mit Hilfe dieses Systems läßt sich die ABO-Identität sehr einfach, schnell und sicher feststellen. Die Antiseren liegen in flüssiger und gebrauchsfertiger Form in vier geschlossenen Kompartimenten vor. Mit einer Kanüle werden die durchsichtigen Deckfolien der Kompartimente durchstochen und je ungefähr ein Tropfen Blut von Patient und Konserve eingegeben. Das Ergebnis ist in weniger als 10 sec ablesbar.

Schwerste Transfusionsreaktionen beruhen meist auf ABO-inkompatiblen Fehltransfusionen. Ursachen für derartige Fehltransfusionen sind nach allgemeiner Erfahrung Probenverwechslungen, angefangen von der Blutentnahme, und Konservenverwechslungen auf der Station oder im Operationssaal. Der leitenden Blutbankarzt kann und muß für die ordnungsgemäße Handhabung von Probe und Konserve innerhalb seines Zuständigkeitsbereiches garantieren. Die Vielzahl der Verwechslungsmöglichkeiten außerhalb dieses Bereiches ist für den transfundierenden Arzt nicht überschaubar. Um daher sicher ABO-Verwechslungen zu vermeiden, ist der ABO-Identitätstest am Ort der Transfusion zu fordern. Die Bundesärztekammer hat dieser Forderung in ihren "Richtlinien zur Blutgruppenbestimmung und Bluttransfusion" vom 1. Februar 1979 (1) entsprochen.

Danach muß unmittelbar vor Transfusion am Krankenbett (dies gilt selbstverständlich für stationäre wie operative oder sonstige Bereiche) der ABO-Identitätstest -Bedside-Test durchgeführt werden.


In einer Reihe von Stellungnahmen haben maßgebliche Vertreter verschiedener medizinischer Fachbereiche auf den bindenden Charakter der Richtlinien hingewiesen (2-4). Danach ist eine Unterlassung des ABO-Identitätstest aus nicht zwingender Notwendigkeit als Behandlungsfehler anzusehen.

Die z.Z. kommerziell erhältlichen Testsysteme halten wir aus vielerlei Gründen für nur bedingt brauchbar. Für die Durchführung sind eine Reihe von Utensilien erforderlich, mit deren Umgang weder der transfundierende Arzt noch das assistierende Personal vertraut sind ( Tropfpipette, Antiseren, Rührspatel). Zwei verschiedene Systeme finden sich z.Z. auf dem Markt. Beim ersten sind die Antiseren auf markierten Feldern einer rechteckigen Karte unter einer wasserlöslichen Folie angetrocknet. Zur Durchführung des Tests müssen die Antiseren zunächst mit Wasser in Lösung gebracht werden. Es werden dazu ein Wasservorratsbehälter, eine Tropfpipette und Rührstäbchen benötigt. Nach Aufbringen eines Tropfens Wasser auf verschiedene Felder werden die Antiseren mit den Rührstäbchen in Lösung gebracht. Es ist dabei unbedingt zu beachten, da für jedes Antiserum ein anderes Stäbchen bzw. verschiedenen Enden der Stäbchen benutzt werden, damit nicht verschiedene Antikörperspezifitäten miteinander vermischt werden. Nach Auflösung der Antikörper wird Patienten- bzw. Konservenblut auf die entsprechend markierten Felder aufgetropft und anschließend mittels Rührstäbchen mit der Antikörperlösung vermischt.
Zur Vermeidung von Kontaminationen sind auch hierzu verschiedene Rührspatel erforderlich. Die Ablesung erfolgt im Sinne eines Vergleichs von Spenderblut- und Empfängerblutreaktionen. Die zweite Modifikation kommerziell erhältlicher Tests basiert auf Karten, auf denen lediglich Testfelder markiert sind. Aus entsprechenden Vorratsflaschen müssen zunächst die Antiseren aufgebracht werden. Anschließend werden Patienten- und Konservenblut aufgetropft und mit verschiedenen Rührspateln Blut und Antiseren miteinander gemischt. Die Beurteilung erfolgt ebenfalls im Sinne eines Vergleichs von Spender- und Empfängerblutreaktionen. Beide Systeme führen zu guten und klaren Ergebnissen, zur Durchführung sind jedoch eine Reihe von Utensilien erforderlich, die, wie schon oben angeführt, sowohl für den transfundierenden Arzt als auch für die assistierende Schwester fremd sind. Weitere Erschwernis bedeutet die mögliche Kontamination der Antiseren durch Verwechslung der Rührspatel. Ein nach unseren Erfahrungen besonders großer Nachteil ist die umständliche und zeitraubende Durchführung, wodurch der Begriff Notsituation und damit das Unterlassen des Tests auf zu viele Situationen ausgedehnt wird. Gerade unter Zeitdruck aber kommt es verständlicherweise zu Verwechslungen, die nur durch den ABO-Identitätstest vermieden werden können. Auf die Problematik der sachgemäßen Lagerung der Antiseren auf den einzelnen Stationen und Abteilungen sei nur am Rande hingewiesen. Im Folgenden stellen wir einen von uns entwickelten ABO-Identitätstest vor, der sicher und schnell mit Arzt und Schwester vertrauten Hilfsmitteln durchzuführen ist. Die Antiseren sind bei diesem System in flüssiger, testadäquater Menge in Vertiefungen einer Tiefziehfolie gebrauchsfertig eingebracht. Die einzelnen Kompartimente bzw. Reaktionskammern sind mit einer durchsichtigen Plastikfolie hermetisch abgeschlossen. In der Übergangszone zwischen Vertiefung und Abdeckfolie entsteht ein kapillarer Spalt, in dem sich das Antiserum befindet. Mittels Spritze und Kanüle wird in die antiserumfreie Mitte eines jeden Kompartiments 1 Tropfen Blut vom Patienten bzw. vom Spender eingebracht, indem die Deckfolie durchstochen wird. Die Elastizität der Deckfolie verhindert
a) Verschleppungen von Blut und Serum in andere Kompartimente, da die Folie die Nadel eng umschließt und diese deshalb beim Einstich und Zurückziehen abgestreift wird
b) ein Austreten von Blut oder Antiserum, da sich die Einstichöffnung sofort wieder verschließt.
Nach leichtem Aufschütteln ist die Reaktion sofort ablesbar.

Die Durchführung des Tests bis zur Ablesung erfordert weniger als 10 Sekunden, ein Zeitaufwand, der auch in Notfallsituationen vertretbar erscheint. Neben Spritze und Kanüle sind für den Durchführenden keine Hilfsmittel erforderlich, deren Gebrauch ungewohnt ist. Die Aufbewahrung der Testkarten bereitet keine Schwierigkeiten.
Da ein Ausfließen des Antiserums nicht möglich ist, können die Karten an der jeweiligen Konserve befestigt werden. Zusammen mit dem leeren Beutel können sie nach der Transfusion aufgehoben werden.

Mit dem vorgestellten Test können auf schnelle und einfache
Weise durch ABO-Verwechslung verursachte tödliche Transfusionsreaktionen vermieden werden. Der Test wurde inzwischen in unserer Klinik etwa 5000 mal eingesetzt. In der Beurteilung durch die Anwender wird vor allem die leichte und schnelle Handhabung hervorgehoben. Eine Verschleppung oder andere Fehler bzw. Mängel wurden nicht beobachtet.



Literatur

1 Richtlinien zur Blutgruppenbestimmung und Bluttransfusion. Dtsch. Ärztebl.. 5 /1979)277

2 Rügheimer,E., K. Hutschenreuter: Stellungnahme zu den "Richtlinien zur Blutgruppenbestimmung und Bluttransfusion" der Bundesärztekammer vom 1.Februar 1979, Prakt.Anästhesie 14 (1979)361

3 Hempelmann, G.,E.Götz, V.Kretschmer: Anmerkung zur Stellungnahme der DHAI und des BDA zu den "Richtlinien zur Blutgruppenbestimmung und Bluttransfusion" der Bundesärztekammer vom 1. Februar 1979, Anästh. Intensivmed. 20 (1979)330

4 Rügheimer,E., K. Hutschenreuter: Stellungnahme der DGAI und des BDA zu den "Richtlinien zur Blutgruppenbestimmung und Bluttransfusion" der Bundesärztekammer vom 1.Februar 1979. Anästh. Intensivmed. 20 (1979)331.